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Historie des BürstenmacherwesensIch
mach bürstn klein undt groß Die
Anfänge Die Ursprünge
des Bürstenmachergewerbes verlieren sich im Nebel der Geschichte. Das Patent
auf Bürsten gebührt wahrscheinlich einem findigen
Kopf im alten Ägypten, dessen Namen
man nie erfahren wird. Zumindest sind Bürsten als Gebrauchsgegenstände im
Pharaonenreich historisch verbürgt. Verbreitung im europäischen Raum fanden Bürsten
vermutlich erst durch die Eroberungszüge
der Römer. Diese expandierten im Süden entlang des Mittelmeers bis nach Ägypten
und assimilierten die Kultur der unterlegenen Völker. In
der Folgezeit setzte sich die Bürste als
äußerst nützlicher Haushaltsgegenstand im gesamten Gebiet des römischen
Weltreiches durch und gelangte somit auch bis in die Regionen des heutigen
Deutschlands. Mit Beginn des „finsteren“ Mittelalters nach der Zerstörung des Römerreiches
durch die „barbarischen“ Germanen um 500 u. Z. verliert sich zunächst die
Spur der Bürsten aus Mangel an Zeugnissen aus dieser Zeit. Eine schriftliche
Erwähnung findet man erst wieder im ersten deutschen Gesetzbuch, dem Sachsenspiegel
von 1220. (Erstes Buch, Art. 24, § 3) Beim Thema Erbschaftsregelung für den
Fall des Ablebens eines Ehemannes spricht der Gesetzestext der Witwe
verschiedene Haushaltsgegenstände zu, so auch Bürsten. Dies dürfte Beleg dafür
sein, dass man den Wert einer Bürste schon damals zu schätzen wusste, weshalb
zur Vermeidung „blutiger Bürstenkämpfe“ eine rechtliche Klärung der
Eigentumsverhältnisse notwendig geworden war.
Um 1500 beweisen
häufige Erwähnungen in diversen Handwerksbeschreibungen eine weite Verbreitung
des Bürstengewerbes. Nach der Organisation
in Zünften wurde die Bürstenmacherei bald auch als „geschenktes
Gewerbe“ betitelt, da die reisenden
Gesellen bei Ankunft in der Zunftstube mit einem Ehrentrunk willkommen geheißen
und am Ende ihrer Arbeitstätigkeit mit Geschenken wie Bürsten und Besen
entlohnt wurden, von deren Verkaufserlös sie sich auf der Wanderschaft
versorgen konnten. Die Angaben zur Ausbildungsdauer schwanken je nach Region
zwischen 3 und 6 Jahren. Die
Blütezeit Seine Blütezeit erlebte das Bürstenmacherhandwerk vom ausklingenden 18. Jahrhundert bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Veränderungen in der Landwirtschaft, (u. a. Fruchtfolgewirtschaft, Pflanzenzucht) bewirkten eine verbesserte Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln. Diesem Umstand und nicht zuletzt dem medizinischen Fortschritt geschuldet, setzte in Europa ein Bevölkerungswachstum nie gekannten Ausmaßes ein. So stieg die Bevölkerung von 25 Mio. um 1800 auf 50 Mio. zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Eine nachteilige Begleiterscheinung der Agrarrevolution war ein gravierender Arbeitsplatzmangel, der im damaligen Hauptwirtschaftszweig, der Landwirtschaft, nicht mehr abgedeckt werden konnte. Produzierten ursprünglich 4 Bauern, um einen Städter mitversorgen zu können, hatte sich dieses Verhältnis nun umgekehrt. Neue Erwerbszweige wurden gesucht. Bäuerliche Familien, welche schon immer handwerklich zur Selbstversorgung tätig waren, entdeckten nun in verschiedenen Regionen Deutschlands, so im Schwarzwald, das Bürstenmacherhandwerk als alternative Einkommensquelle. Notwendige Werkzeuge wurden angeschafft und kleine Werkstätten
eingerichtet, in denen sämtliche Familienmitglieder bei der Herstellung der Bürsten
mithelfen mussten. Mit dem wirtschaftlichen Wandel lockerte sich auch der seit
dem Mittelalter bestehende Zunftzwang. Lehrzeiten, Gesellen- und Meisterprüfungen
waren nun nicht mehr ein unbedingtes Erfordernis, um in diesem Gewerbe tätig
sein zu dürfen. Vielmehr wurde das Wissen zu Arbeitstechniken und Materialien
in der Familie im Arbeitsprozess weitergereicht. Die Anzahl der weiterhin in Zünften
organisierten Handwerker erreichte ab dieser Zeit nicht mehr annähernd die
Menge der in Heimarbeit Beschäftigten, welche immer häufiger von Verlegern und
Fabrikanten für Zuarbeiten eingesetzt wurden. Arbeitsteilung hielt Einzug, die Bürstenhölzerfertigung entwickelte sich sogar zu einem eigenständigen
Gewerbe. Eine von dem
Mechaniker Anton Zahoransky 1901 entwickelte Stanzmaschine, die zur Befestigung der Borsten im Holz eine
gekreuzte Drahtschlinge verwendet, sollte schließlich die maschinelle Bürstenfertigung
und damit das Ende des Handwerks einleiten. Der
Vertrieb Wie in vielen Gewerken war
auch in der Büstenmacherei der Absatz von Produkten auf Bestellung eher die
Ausnahme. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, die auf Verdacht produzierten
Waren über kleine Händler, die Krämer, an den Kunden zu bringen, was wiederum
die Zuordnung des Bürstengewerbes zu den „kramenden
Handwerken“ erklärt. Noch heute erinnert der abwertende Begriff „Krämerseele“
an das „gnadenlose“ Feilschen der Händler um die Höhe der Verkaufspreise.
Üblicherweise erfolgte der
Vertrieb der Bürstenwaren weniger
auf Märkten als vielmehr über Hausierer.
Häufig war der Vater als Oberhaupt der Familie sowohl Handwerker als auch
„Vertreter“ in einer Person. Nicht selten reiste er ein halbes Jahr durch
die Lande, um klingelnder Weise seine Produkte an Haustüren anzupreisen. Die Bürsten
trug er dabei aufgefädelt auf einem Ring oder in der Luxusversion, auf einem
speziellen Rückengestell. Nicht selten wurden an verschiedenen Reisestationen
Waren hinterlegt, welche nach erfolgreicher Verkaufstätigkeit das Sortiment des
fliegenden Händlers wieder vervollständigten. Der sich bis in die Gegenwart überlieferte
Spruch „Betteln und hausieren verboten“ lässt die Tücken dieser Tätigkeit
erahnen. Gerade noch wohlwollend in einem Dorf begrüßt, konnte man im nächsten
Dorf, evtl. durch ortsansässige Handwerker, als Konkurrent mit Schimpf und
Schande vertrieben werden. Ein dickes Fell war somit unerlässlich für diese
Art des Broterwerbs. Mit der Einführung staatlicher Schutzzölle und
Hausierpatente lief die Ära des Haussierens um 1900 aus. Kramläden übernahmen den Verkauf vor Ort. Das
Ende Einen letzten Aufschwung erlebte das Bürstenmacherhandwerk nach dem
zweiten Weltkrieg verursacht durch den Mangel an Produkten jeglicher Art. Doch
bereits zu Beginn der 50er Jahre kündigte das
aufkommende Wirtschaftswunder das Ende des Bürstenhandwerks an. Gegenüber
der sich schnell entwickelnden Industrie, welche auf preiswerte
maschinelle Massenfertigung (Stanzbürsten) und die verstärkte Verarbeitung
von Kunststoffen setzte, war die Handarbeit bei der Qualität, nicht jedoch
bei den Verkaufspreisen konkurrenzfähig. Zahlreiche staatlich subventionierte Blindenwerkstätten
für Bürstenherstellung sowie der sich erweiternde Warenvertrieb durch Groß-
und Einzelhandel verdrängten viele Handwerksunternehmen vom Markt. Anfang
der 80er Jahre verstärkte sich der Druck durch billig
produzierte Bürstenwaren aus Ostasien, zunächst aus Taiwan und Südkorea,
später aus Hong Kong und dem heute alles dominierenden China. Das Zusammenspiel
all dieser für das Handwerk ungünstigen Gegebenheiten versetzte einer
jahrhunderte alten Tradition den Todesstoß. Bis heute
existieren nur noch wenige Handwerksbetriebe, die entsprechend dieser alten
Traditionen produzieren und das Wissen über diese alte Handwerkskunst bewahren.
Gefertigt wird zumeist mit viel Idealismus am Rande der Existenz aber
ungebrochen im Stolz und mit großer Freude an der Erschaffung kleiner
Kunstwerke, fernab der Welt von Gewinnquoten und Börsennotierungen. Die
Bedeutung dieser Lebensphilosophie wird man vielleicht erst erfassen, wenn das Bürstenmacherhandwerk
irgendwann wieder im Nebel der Geschichte verschwunden ist, wenn man in einer
vom Werteverfall geprägten Gesellschaft nach alten Traditionen suchen und sie
nicht mehr finden wird. |
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